Die Überschwemmungswiesen im Nationalpark Donau-Auen sind besondere Juwelen. Durch das Hochwasser und dem Grundwasseranstieg im Frühling verwandeln sie sich regelmäßig von einem Land- zu einem Wasserlebensraum und stellen somit viele ökologische Nischen für Flora und Fauna zur Verfügung. Dies macht sie für den Nationalpark besonders schützenswert. Sie locken dabei nicht nur Praktikanten an, die nach Urzeitkrebsen keschern, sondern sie dienen vor allem auch als Nahrungsquellen für verschiedene Vögel wie Reiher, Regenpfeifer, Enten und Schwarzstörche. Gerade für den Schwarzstorch (Ciconia nigra), eine Leitart naturnaher Fließgewässerökosysteme, ist die Nahrungsbereitstellung auf überschwemmten Wiesen von großem Wert.
Für den ca. 100 cm großen, schwarz-grün-purpur gefärbten Vogel mit rotem Schnabel sind nämlich waldnahe gelegene, feuchte und extensiv genutzte Wiesen das bevorzugte Habitat. Denn im Gegensatz zu seinem Kumpan, dem Weißstorch (Ciconia ciconia), ist die präferierte Nahrung des Schwarzstorches vor allem am oder im Wasser lebend. Auf seinem Beutezug werden dann meist Fische, Rundmäuler, Schwimmkäfer, Wasserkäfer, Larven und manchmal auch Amphibien vertilgt. Wasserpflanzen und Moose stehen ebenso auf seinem Speiseplan und bilden eine Funktion bei der Gewöllebildung. So wird vermutet, dass der Schwarzstorch damit seinen Bedarf an Spurenelementen wie vor allem Mangan deckt. Bei seiner Nahrungssuche nutzt der Schwarzstorch meist das „Flügelmanteln“ als Jagdstrategie: Möglicherweise versucht er hierzu mit seinen Flügeln die Lichtreflexionen auf dem Wasser zu reduzieren oder imitiert durch den Schatten eine Fluchthöhle für Fische, um so seinen Jagderfolg zu optimieren.
Im Juli 2024 konnten einige Schwarzstörche auf einer der Überschwemmungswiesen im Nationalpark regelmäßig beobachtet werden. Bei hoher Wasserführung der Donau wird diese Wiese nämlich entweder durch Grundwasser oder Oberflächenwasser überstaut. Jedoch wurde sie in der Vergangenheit durch einen künstlichen Kanal relativ rasch entwässert und blieb nur kurz überflutet. Dieser Kanal konnte 2021 geschlossen werden, was zu einer längeren Überstauung führt und damit die Lebensraumqualität für den Schwarzstorch deutlich erhöht. Zusätzlich wurden zwei in dem Gebiet bestehende Gräben, die durch Forststraßen unterbrochen waren, wiederhergestellt. Diese Rückbaumaßnahmen führen dazu, dass sich das Wasser noch weiter in dem Gebiet verteilt und damit neuen wertvollen Lebensraum für den Schwarzstorch schafft.
Um das Vorkommen des Schwarzstorches auf dieser Wiese nun auch wirklich dokumentieren zu können, wurde am 19.7.2024 an einem Baum eine Wildkamera mit gutem Überblick über eine große Wasserlacke angebracht (Modus: Bewegtbild). Bei der ersten Durchsicht der Speicherkarte drei Tage später waren schon die ersten Schwarzstörche, die sich mit Artgenossen auf der Wasserlacke austobten, auf den Bildern zu sehen. Solange Wasser auf dieser Überschwemmungswiese stand (im Zeitraum von 19.7. bis 2.8.2024), konnten bei der regelmäßigen Durchsicht der Bilder Schwarzstörche erfasst werden. Doch auch Graureiher, Flussregenpfeifer, Enten, Wildschweine, Rehe, Hirsche und sogar ein Seeadler wurden aufgenommen, was die baulichen Projekte auf dieser Wiese somit zu einem vollen Erfolg für die Natur- und Artenschutzarbeit im Nationalpark macht!
Nun machen sich die Schwarzstörche als Langstreckenzieher auf die Reise in ihr Winterquartier in Afrika und wir hoffen, dass sie im nächsten Frühjahr ihren Weg zurück in den Nationalpark finden. Der Tisch für sie wird schon gedeckt sein!
Lukas Schabernag
Praktikant im Nationalpark Donau-Auen