Graphoderus bilineatus – der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer. 16 Millimeter groß und nur in nährstoffarmen Gewässern mit reichlich dichter Ufervegetation zu finden, wo er sich räuberisch von Blattfußkrebsen und anderen aquatischen Kleinlebewesen ernährt. So unscheinbar lebt dieser Wasserkäfer aus der Familie der Dytiscidae, dass es bis vor wenigen Jahren keinen deutschen Namen für die Art gab.
Der Insektenfachwelt ist dieses Tier jedoch schon länger ein Begriff. Graphoderus bilineatus wurde bereits 1774 von dem schwedischen Entomologen Carl De Geer beschrieben. In Österreich ist das Vorkommen der Art auch schon lange bekannt.
Sie wird in den Anhängen II und IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU geführt und ist daher in Österreich streng geschützt. Dieser Schutz beinhaltet auch eine nationale Berichtspflicht über den Status der Art. Rezente Nachweise (innerhalb der letzten 50 Jahre) gibt es nur wenige und sie reichen nicht für eine Beurteilung des Bestandes aus. Um dies in Zukunft zu ermöglichen und vorerst überhaupt den gegenwärtigen Vorkommensstatus zu erheben, ist es notwendig, an aus der Vergangenheit bekannten historischen Fundorten Nachsuchen durchzuführen.
So auch im Nationalpark Donau-Auen. Dafür wurden im vergangenen Herbst Reusen an mehreren Standorten mit besonnten Flachwasserbereichen und reichlich Ufervegetation entlang des Haslauer Arms und der Alten Fischa durch die Wasserkäfer-Expertin des Naturhistorischen Museums Michaela Brojer ausgebracht. Diese wurden mit Köder bestückt und mit Schwimmern ausgestattet, sodass die Käfer zum Atmen an die Wasseroberfläche auftauchen können. Die Reusen wurden täglich kontrolliert und die Uferbereiche an den jeweiligen Standorten zusätzlich mit einem Wasserkescher besammelt. Weiters wurde die Eignung des Habitats anhand mehrerer abiotischer Faktoren und zur Eiablage geeigneter Uferpflanzen ermittelt.
An einem dieser Standorte konnten gleich mehrere Individuen und somit eine bestehende reproduktionsfähige Population nachgewiesen werden. Dies ist nicht nur für den Nationalpark Donau-Auen bemerkenswert, da es der erste rezente Fund dieser Art innerhalb des niederösterreichischen Teils des Nationalparks ist, sondern auch für ganz Niederösterreich. Denn es handelt sich um den ersten gesicherten Nachweis seit den 1930er Jahren (Paill & Jäch 2005).
Das Vorkommen zahlreicher seltener, stenöker Arten (d. h. mit geringer Toleranz gegenüber Veränderungen ihres Lebensraums) in den Donau-Altarmen zeigt, wie wichtig deren Erhalt, die Wiederanbindung an den Hauptstrom und Renaturierungsmaßnahmen wie der Rückbau von Uferregulierungen sind.
Clemens Mühlberger
Praktikant im Nationalpark Donau-Auen
Quellen:
Paill, W. & Jäch, M. (2005): 1082 Graphoderus bilineatus (De Geer, 1774). – In Ellmauer, T. (Projektleitung): Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter, Bd. 2. Arten des Anhangs II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. – Projektbericht im Auftrag der 9 Bundesländer und des BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft, 452–461.
Fotos:
Christian Baumgartner, Michaela Brojer, Zdeněk Mačát