Die Dorn-Grasmücke lebt nicht so versteckt wie manch anderer Singvogel - im Gegenteil, es zeigt sich das Männchen in voller Größe auf der Spitze eines höheren Busches und macht mit seinem Gesang auf sich aufmerksam. Dieser kann durchaus auch in Singflügen enden.
Merkmale
Die Dorn-Grasmücke ist bis zu 15 cm lang. Die Oberseite ist graubraun, die Unterseite weiß, die Flanken hellbraun. Die Federspitzen der Flügel sind schwarz, der lange Schwanz graubraun, die Beine gelbbraun. Der Kopf ist beim Männchen grau, beim Weibchen braun.
In relativ kurzen, kompakten Strophen mit einem trillernden Beginn und danach Tönen, die wie mit reibenden Geräuschen unterlegt klingen, versucht das Männchen sein Revier abzugrenzen. Man könnte geradezu von einer Reibeisenstimme sprechen. Passagenweise wird auch die Tonabfolge anderer Grasmückenarten eingebaut, bis es endlich zum individuellen Repertoire geworden ist. Kennzeichnend ist auch der prägnante knarzende Warnruf, den die Dorn-Grasmücke im Nestbereich regelmäßig von sich gibt.
Verbreitung
In Europa leben die Dorn-Grasmücken bis zum 65. Breitengrad. In ihrem gesamten europäischen Verbreitungsgebiet ist die Vogelart nur im Sommer zu finden, der Winter wird in der Sahelzone in Afrika verbracht. Durch Dürreperioden in ihrem Überwinterungsgebiet kommt es regelmäßig zu dramatischen Bestandseinbrüchen. Sylvia communis gilt als Charaktervogel ungenutzter Randzonen der offenen Kulturlandschaft. Bevorzugt werden gerade zur Brutzeit Habitate mit lückenhaftem Vegetationsaufbau in der offenen Landschaft wie Ufersäume, Ruderalflächen, Brachen und niedrige Gebüschgruppen. Siedlungsnahe Gärten meiden sie jedoch. In eventuell vorhandenen Dornbüschen werden gerne die Nester gebaut. Im Nationalpark Donau-Auen gibt es auf den vorhandenen Heißländen und Trockenrasenflächen ideale Lebensbedingungen.
Gefährdung und Schutzstatus
Durch flächendeckende Flurbereinigung in der Kulturlandschaft und durch Aufforstung von Grenzertragsflächen werden die Lebensräume dieser Art zurückgedrängt. Wie im Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) verlangt, könnte ein wertvoller Beitrag zur Erhaltung der Lebensräume geliefert werden. Die Vogelart ist europaweit aber noch nicht gefährdet.
Lebensweise
Auf dem Speisezettel der Vögel stehen kleine Weichtiere, Spinnen und weiche Insekten mit deren Entwicklungsstadien. Daneben werden auch Beeren wie Holunder oder Brombeeren gerne genommen. Die Hauptbrutzeit ist von Mai bis Juli.
Das Gelege umfasst 4 bis 6 Eier, die in das offene Napfnest knapp über dem Boden gelegt werden. Beide Partner teilen sich das Brutgeschäft. Die Dorn-Grasmücke zählt zu den Vögeln, die vom Kuckuck für die Aufzucht seiner Jungen ausgewählt werden.
Besonderes
Die Balz kann recht heftig ablaufen, das Männchen folgt dem Weibchen in dichtem Abstand mit einem Grashalm im Schnabel. Plötzlich bricht es in einen kurzen Gesang aus, das Weibchen springt mit gespreizten Flügeln das Männchen an und vermeidet einen Aufprall nur knapp. Parallel werden vom Männchen auch Spielnester begonnen, wobei keines fertiggestellt wird. Diese Aufgabe übernimmt schlussendlich das Weibchen.