Der Blutspecht gehört zur Unterfamilie der Echten Spechte (Picinae). Sein nächster Verwandter ist der Buntspecht – wegen der leichten Verwechslungsmöglichkeit wird der Blutspecht auch „der Bruder des Buntspechts“ genannt.
Merkmale
Mit ca. 23 cm Körperlänge zählt er zu den mittelgroßen Spechtarten – er ist ebenso groß wie der Buntspecht. Auch in der Gefiederfärbung ähneln sich die beiden Arten sehr stark. Es gibt aber doch einige eindeutige Unterscheidungsmerkmale – am deutlichsten bei der Gesichtszeichnung: der weiße Wangenfleck wird beim Buntspecht durch das bis zum Nacken reichende Zügelband eingerahmt, beim Blutspecht ist dieser Zügel offen – dadurch erscheint sein Gesicht insgesamt weißer. Der rote Nackenfleck des Männchens ist beim Blutspecht größer und das Rot ist etwas heller als beim Buntspecht. Auch die Rotfärbung des Steißes und der Unterschwanzdecken ist beim Blutspecht blasser.
Weibchen unterscheiden sich von den Männchen durch das Fehlen der roten Nackenfärbung und durch einen matteren Färbungston.
Auch die Lautäußerungen des Blutspechtes sind denen des Buntspechtes sehr ähnlich – sie klingen aber etwas weicher (ähnlich einer „Quietschpuppe“) und sind nicht so metallisch hart wie beim Buntspecht. Mischbruten zwischen Blut- und Buntspecht sind nicht selten – die fertilen Jungen zeigen Merkmale beider Elternteile.
Verbreitung
Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet war der Nahe Osten sowie Teile des Mittleren Osten. Vor etwa 100 Jahren begann er sein Habitat in Richtung Westen auszuweiten. Über die Türkei und den Balkan kam er in der Mitte des 20. Jhdt. bis in den Osten Österreichs (Burgenland und östliches Niederösterreich), wo er mit ca. 3000 Brutpaaren einen stabilen Bestand hat. Er brütet hauptsächlich in niederen Höhenlagen bis 400 m.
Das ostösterreichische Vorkommen liegt am Westrand seines Verbreitungsareals – in Deutschland und weiter westlich brütet der Blutspecht nicht. Er ist ein ausgeprägter Kulturfolger und bevorzugt im Gegensatz zum Buntspecht offene Habitate (Parks, Friedhöfe, Alleen mit Altbaumbestand, Obstgärten, Streuobstwiesen, Weingärten mit Obstbäumen, Nuss- und Kirschbaumalleen). Seine Vorliebe für von Menschen veränderte Landschaften ermöglicht es ihm, eine von anderen Spechten noch nicht so genutzten Nische zu besiedeln. In Silberpappel- und Weidenbeständen an fließenden Gewässern (Auwald) ist er ebenfalls anzutreffen. Geschlossene Laub- und Nadelwälder meidet er.
Gefährdung und Schutzstatus
Die Art gilt zurzeit als nicht gefährdet.
Lebensweise
Blutspechte sind ortstreu – einmal etabliert bleiben sie auch in strengen Wintern, wenn möglich, in ihrem Brutgebiet. Die Jungvögel wandern jedoch durchschnittlich 100 km ab. Am Ende des 1. Lebensjahres werden die Jungen geschlechtsreif – die Balz beginnt mit lauten Rufreihen, Verfolgungsflügen und Höhlenzeigen. Mit Beginn des Höhlenbaus ist die Paarbildung abgeschlossen. Die Tiere führen eine monogame Brutaisonbeziehung, nach der Brut wird die Bindung lockerer. Häufig verpaaren sie sich aber im nächsten Frühjahr wieder mit dem letztjährigen Brutpartner.
Die Bruthöhle wird jedes Jahr neu gezimmert, dabei werden kranke und abgestorbene Bäume bevorzugt. Die Eiablage erfolgt ab Mitte März – die Weibchen legen 4-6 reinweiße Eier. Beide Partner brüten, nach ca. 10 Tagen schlüpfen die Küken. Nach ca. 24 Tagen verlassen diese die Nisthöhle, werden aber noch mindestens 14 Tage von beiden Eltern gefüttert und betreut.
Der Blutspecht nimmt etwa zu gleichen Teilen pflanzliche als auch tierische Nahrung auf, damit unterscheidet er sich von allen anderen Spechtarten, deren pflanzlicher Anteil meist geringer ist. Auch die Jungen werden zu einen relativ hohen Anteil mit pflanzlicher Kost versorgt. Dabei bevorzugen sie reifes Steinobst, aber auch Äpfel, Birnen, Beeren, Weintrauben. Im Herbst und Winter können Haselnüsse, Walnüsse, Sonnenblumenkerne zur Hauptnahrung werden. Der tierische Nahrungsanteil ähnelt dem des Buntspechtes. Die Insekten werden aber v.a. durch Absammeln von Stamm- und Astoberfläche gewonnen –wenn er in den Baum hackt, dann nur wenig tiefgreifend bis in die äußerste Splintschicht.
Wie alle Spechtarten ist der Blutspecht tagaktiv, mit Schwerpunkt am frühen Vormittag und späten Nachmittag. Um die Mittagszeit legt er eine ausgedehnte Ruhe- und Putzphase ein. Er beansprucht ein relativ großes Revier: auch in guten Blutspecht-Habitaten nutzt er etwa einen Quadratkilometer, meist jedoch mehr. Gegenüber dem Buntspecht kann er sich meist in seinem Revieranspruch durchsetzen, d.h. Buntspechte räumen ein von ihnen besetztes Revier wenn es vom Blutspecht beansprucht wird. Höhlenkonkurrenten wie der Star werden von ihm das ganze Jahr über attackiert.
Besonderes
Der Blutspecht scheint keine echten Spechtschmieden zu verwenden wie sie der Buntspecht anlegt, dabei werden natürliche Risse oder Nischen in Bäumen so bearbeitet, dass sie genau für ein bestimmtes Nahrungsobjekt passen. Der Blutspecht klemmt Nüsse oder Samen eher in „Gelegenheitsschmieden“ ein. Dabei handelt es sich um die nächstbeste harte Oberflächenstruktur oder Borkenritze, die eine Bearbeitung der eben gefundenen Nahrung ermöglicht.