Ein Expertenteam aus Carnuntum unter Leitung von Dr. Eduard Pollhammer sowie des Österreichischen Archäologischen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Dr. Christian Gugl führte zu Jahresende 2024 Grabungen in der Stopfenreuther Au durch. Es erfolgte der Nachweis eines römischen Kastells. Die Arbeiten wurden in enger Abstimmung mit dem Nationalpark Donau-Auen kleinräumig und mit großem Bedacht auf die Natur durchgeführt.
Zahlreiche historische Bauwerke prägen das Umland des Nationalpark Donau-Auen – doch auch in der Aulandschaft selbst können mitunter nennenswerte Funde gelingen. In einer Kooperation zwischen dem Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich konnte in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Donau-Auen und dem Bundesdenkmalamt 2024 eine erfolgreiche Forschungsgrabung in der Stopfenreuther Au durchgeführt werden.
Bereits um 1850 waren die noch sichtbaren Mauern an dem als „Ödes Schloss“ bezeichneten Platz von dem Archäologen Eduard von Sacken untersucht worden. Aufgrund aufgefundener Ziegelstempel interpretierte man die Baustrukturen als Reste eines befestigten römischen Brückenkopfes, wo einst die Bernsteinstraße die Donau querte. Die Topographie legte diese Deutung nahe, da sich ein Übergang aufgrund einer Engstelle des Flusses anbot.
Der Standort - nunmehr im 1996 gegründeten Nationalpark Donau-Auen gelegen - blieb bis in die heutige Zeit bekannt. 2024 konnte mit einer Forschungsgrabung begonnen werden. Die Arbeiten wurden für Herbst und Winter angesetzt, um geringstmögliche Störung von Flora und Fauna zu wahren, und durch eine ökologische Bauaufsicht begleitet. Diese gewährleistete die Einhaltung des Naturschutzes im streng geschützten Nationalparkgebiet. Nach einer Unterbrechung aufgrund von Hochwasser wurde die Untersuchung Ende November fertiggestellt.
Bereits in geringen Tiefen von 0,5 bis 0,8 Metern unter dem heutigen Bodenniveau wurden besonders gut erhaltene Mauerstrukturen eines römischen Kastells freigelegt, die bis zu 2,65 Meter hoch erhalten waren. Dabei konnten die nördliche, abgerundete Ecke mit einem innen ansetzenden Eckturm sowie angrenzende Mauerzüge dokumentiert werden. Anhand der wissenschaftlichen Untersuchungen ließen sich zwei Bauperioden des Kastells identifizieren.
Nationalparkdirektorin DI Edith Klauser besuchte zum Jahresende die Fachleute vor Ort, um die beeindruckenden Funde aus der Römerzeit im Nationalparkgebiet zu besichtigen. Anschließend wurde die Grabung wieder vollständig verfüllt, um das Bauwerk zu bewahren und ein erneutes Zuwachsen der Fläche durch standorttypische Flora zu ermöglichen.
Die umfassende Auswertung im Laufe des heurigen Jahres wird weitere spannende Erkenntnisse zur Chronologie des Brückenkastells wie zur militärischen Sicherung dieses strategisch wichtigen Grenzabschnittes liefern, hält Experte Dr. Eduard Pollhammer fest. Auch für den Nationalpark Donau-Auen liefern die Arbeiten wertvolle neue Informationen über den historischen Verlauf der Donau, betont Nationalparkdirektorin DI Edith Klauser.
Durch diese archäologischen Untersuchungen in der Stopfenreuther Au konnte erstmals der Nachweis eines römischen Brückenkopfkastells in Österreich erbracht werden. Es markiert jene bedeutende Stelle nördlich von Carnuntum, an der die vom Baltikum nach Süden verlaufende Bernsteinstraße in das Römische Reich gelangte. Das Brückenkopfkastell von Stopfenreuth spielte dabei zweifellos eine besondere Rolle. Eine vergleichbare Anlage am Donaulimes war bislang nur durch das Kastell Iža-Leányvár in der Slowakei gegenüber des Legionslagers von Brigetio bekannt, wo unlängst auch Hinweise auf eine gebaute Donaubrücke aus römischer Zeit gefunden wurden.
Fotos: Grabungen in der Stopfenreuther Au – Nationalparkdirektorin DI Edith Klauser mit Dr. Christian Gugl und DDr. Silvia Radbauer vom ÖAI / Baumgartner. 3D Modell des Grabungsbefundes / ÖAI/Land NÖ.